Mittwoch, 16. Oktober 2013

Ein Blick hinter die Kulissen des Architekturbüros

Schon lange habe ich es versprochen, dass ich Euch mal heimlich mit ins Architekturbüro nehme, schließlich ist Unbefugten dort der Zutritt verboten. Barbara fragte gestern, was ich mit dem Haus denn machen will. Da wird es nun allerhöchste Zeit. Und die Eine oder Andere von Euch wäre da schon interesssiert, also los, kommt mit!

Im Büro der technischen Zeichner ist es ganz still. Sie haben die Beine auf den Tisch gelegt und haben ihre Arbeit längst getan! Auf Kästchenpapier wurde ein Haus entworfen.
7x7cm - das wäre die Standardgröße der Aktion "building houses from scraps" - war ihnen zu friemelig. Und diese gemeinschaftliche Hausbauaktion ist ja eigentlich schon längst abgeschlossen, also ist hier jeder Freiraum gegeben. Und schließlich soll die Arbeit vorangehen und man muss was sehen können, wenn so ein Haus fertig ist. Also haben sie sich für die Größe von 10x10cm plus NZG entschieden.


Nun sitzen sie da, die technischen Zeichner, und harren der Dinge, die da kommen werden. Vielleicht werden sie bald bei der Landschaftsgestaltung gebraucht.

Im Cutter-Büro ist da schon mehr los. Hier wird auf Stapel gearbeitet. Wenn die Vervielfältigung des Bauplans auf normales Kopierpapier abgeschlossen ist, wird gleich für viele neue Gebäude der Plan zurechtgeschnitten, natürlich nicht mit der Hand, für so was gibt's Maschinen! Am liebsten beschäftigen die Cutter für diesen Job natürlich einen Praktikanten.


Im Bauplanungsbüro wird auf Zuruf gearbeitet. Wenn ein neues Projekt in Sicht kommt, fangen die Bauingenieure an, wild mit Stoffen und Farben um sich zu werfen. Trotzdem folgen sie dabei festen Regeln:
1.) Tür und Fenster aus dem selben Material anfertigen
2.) Giebel und Türwand nach Möglichkeit auch, es sei denn der Giebel soll eine besondere Gestaltung bekommen
3.) alle Dächer werden in roten oder rot-ähnlichen Tönen gedeckt, da gibt es offensichtlich eine Festlegung in der Städtebauverordnung, Ausnahmegenehmigung gibt's für Grasdächer
4.) am Kyffhäuser ist der Himmel meist blau, blaugrau oder nachtschwarz und nie pink
5.) Fenster- und Türwand bekommen eine unterschiedliche Gestaltung
6.) kein Material wird doppelt verwendet, jedes Haus wird ein absolutes Unikat.
7.) kein Haus wird dunkelgrün gestrichen, die Landschaft hier am Kyffhäuser wird grün genug sein und so ein Haus muss sich schließlich abheben von der Umgebung.

Um Regel 6.) leicht umsetzen zu können, haben die Bauingenieure ein Zentralregister angelegt, in das die Sekretärin jedes verwendete Material umgehend sorgfältig einträgt.


Damit die Arbeiter an den Schneidwerkzeugen die Hände frei haben, ist der Bauplan direkt am Materiallager ausgehängt. Hier kann jeder auf einen Blick sehen, was gebraucht wird und was vorrätig ist.

Für komplizierte Bauteile wurden von den Modellbauern Schablonen hergestellt.


Die Materialbeschaffer sind ständig emsig unterwegs. Sobald der Bauplan vorliegt und in der Werkstatt, die da auch heißt "Tüdelzimmer", neue Materialien auf den Tisch kommen, rufen sie "Hier!" und "Mir auch ein Stück!" und "3x6,5cm - das passt gerade für mich!" Ein Geschrei ist das manchmal... Was sie auf diese Art ergattern konnten, nageln sie sich oft gleich mal fest.


Und sobald eine Maschine frei ist, fangen die Maurer und Schreiner, die Verputzer und Dachdecker - nicht zu vergessen die Himmelanstreicher - an, das Haus zusammenzusetzen. Sie sind ein eingespieltes Team, das geht ruckzuck.


In jeder Firma klemmt es ja bekanntlich an irgendeiner Stelle. Hier ist es oft der Schornstein. Wie oft habe ich schon gesagt: "vergesst den Schornstein nicht!" - vergebens, oft stehen die Bauarbeiter dann rum, weil kein Material für den Schornstein geliefert wurde, ts, ts, ts....

Am Ende muss das fertige Haus noch abgerüstet werden. Das ist eine interessante Geschichte - die arbeiten hier mit Wegwerfgerüsten! Übrig bleibt ein Haufen Schnipselkram, der der Heizungsanlage zugeführt wird, sozusagen Direktrecycling.


Als letztes folgt die dampfende Endkontrolle und die Außengrenzen des Grundstücks werden begradigt - fertig!

Derweil führt die Sekretärin Buch über die Aufträge, die Beweggründe, die zu dieser oder jener Gestaltung geführt hat und berichtet darüber online zusammen mit einem Foto des eben fertiggestellten Gebäudes. Oft bekommt sie umgehend Post, Menschen schreiben, wie gut ihnen dieses oder jenes Haus gefällt und auch warum. Das freut natürlich nicht nur die Sekretärin und darum hängt sie die Mails am Schwarzen Brett in der Kaffeeküche aus, damit jeder Mitarbeiter was davon hat. Und dann freuen sich ALLE und rufen: "DANKESCHÖN!" und kommen alle Tage wieder gern zur Arbeít.


Inzwischen stehen in der Straße schon allerhand dieser Häuser, derzeit sind es 31, aber es gibt auch noch jede Menge freie Baugrundstücke! Und wir schleichen uns jetzt wieder von dannen, sicher gibt es bald wieder ein neues Haus aus dem Architekturbüro zu sehen.

17 Kommentare:

  1. Du kannst so herrlich Geschichten erzählen.
    Ich kann mir das Grinsen manchmal nicht verkneifen.
    Wunderschöne Häuschen bauen deine Mitarbeiter ;-))

    Wieviele sollen es denn werden?

    lg
    Iris

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    1. Ich weiß noch nicht. Mal sehen, wie lange ich Spaß dran habe. Meine ganz persönliche Methode macht das Ganze ja nicht langweilig, aber es können niemals 365 Stück in 365 Tagen werden. Schön wäre es, es würde ein (großer) Wandquilt draus.

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  2. Was für ein erfolgreiches Architekturbüro!!! Danke, dass du uns in die Geheimnisse des Bauens eingeweiht hast, das hast Du superlustig beschrieben ... :o)))
    Besonders gut gefällt mir das Zentralregister. Also neben den fertigen Häusern natürlich ... :D
    Klebst Du die Häuser auf den Hängestreifen auf??? Oder halten sie dort wie durch Hexerei - was mich jetzt auch nicht wirklich wundern würde ... O_O

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    1. Oooooh .... jetzt wo ich's weiß, kann ich es sogar sehen ... danke!

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  3. So geht das also in deinem Architekturbüro zu. Und auf der Baustelle beschäftigst du einen Himmelanstreicher - toll. Und dann diese überaus korrekte Buchführung im Zentralregister - da bin ich platt und kann nur noch staunen.
    Mit so einer Gescichte zum Morgenkaffee fängt mein Tag ja gut an.
    Grüße an all deine fleißigen Mitareiter - Marianne

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  4. Liebe Valomea,
    witzig!!!
    Und wie es sich für Architekten gehört - akkurat!!!
    L.G.
    sigisart

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  5. Moin Valomea,
    ein tolles Architekturbüro beherbergst Du da und Deine Beschreibung: einfach göttlich!! Du hast eine wirkliche Begabung zum Geschichtenerzählen.
    LG
    Jeannette

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  6. Hallo Valomea, was für ein toller Post-Geschichte, hab ihn mit wahrer Begeisterung verfolgt.
    Ein tolles Aechitektenbüro hast Du und Deine vielen Häuser einfach traumhaft.

    Liebe Grüße
    Uta

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  7. Moin Moin Valomea,
    das ist ein toller Tagesbeginn mit dem Report aus dem Architekturbüro. Wahrscheinlich habe ich noch kein Architekturbüro beauftragt und daher noch kein einziges Haus genäht, obwohl es mich auch immer verlockt. Mir mangelt es bestimmt an einer ordentlichen Sekretärin für das Zentralregister. Aber vielleicht eines Tages, vielleicht bewirbt sich ja eine. Bis dahin bestaune ich dein beschauliches Städtchen.
    Winkegrüße Lari

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  8. Oh wie schön...richtig lustig....aber eine schöne Geschichte...toll auch wie viele Häuser du schon fertig hast.

    Liebe Grüße Petra

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  9. Hööchstinteressant, der Blick hinter die Kulissen. Am beeindruckendsten ist ja wohl das Zentralregister!
    Liebe Valomea, ich glaube, ich hatte gerade eine Erleuchtung mit Stopffuß und so. Der eigentliche Sinn ist, dass man in jede beliebige Richtung nähen kann, ohne den Stoff zu drehen. Hab ich das jetzt richtig begriffen?
    (Was natürlich immer noch nicht heißt, dass meine Nähte da lang gehen, wo sie sollen :-) )
    LG Judy

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    1. Richtig begriffen! Und - ja, das Eine hat mit dem Anderen nix zu tun. Man muss es üben, dass die Nähte da langgehen, wo sie sollen :-)

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    2. Danke, Prinzip also erkannt und die Maschine, macht, was ich will, nun muss ich nur noch üüüben...

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  10. Tolle Geschichte! Ich bin ja platt von deinem Register, das ist irgendwie so ... ordentlich ;-). Aber wenn man wirklich nur Originale will, muß das wohl sein.

    LG, Petruschka

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  11. Hallo Valomea, wie immer eine äußerst amüsante Art, wie Du das so aufs "Papier" bringst. Einfach klasse. Deine Bauarbeiter sind ja eine fleißige Gattung von Handwerkern und allen vor an natürlich die Sekretärin! Das macht immer viel Spaß, Deine Posts zu lesen.
    Viele Grüße
    Leonore

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  12. Liebe Valomea,
    ich bewundere deine Ausdauer und vor allem deinen Bauplan! Darf ich deinen Blog bei einem meiner nächsten Post verlinken?
    Liebe Grüße
    Steffi
    PS: mein Häuserprojekt ist momentan gedanklich erst einmal auf einen Miniquilt geschrumpft!

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