Ehrlich, ich mag keine Kettenbriefe. Aber weil ich es so durchweg spannend und interessant finde, ein bisschen hinter die Nähzimmerkulisse zu schauen, habe ich gern die Einladung von
Maja angenommen, an diesem Around the world Bloghop teilzunehmen. Worum geht es? Es gibt kein Label, es gibt keinen bekannten Ursprung, es gibt nur diese Idee, dass Blogger aus aller Welt sich auf diese Weise ein bisschen näher kennenlernen. Gut - bei mir ist durch die fremdsprachliche Begabung diesem Ziel eine natürliche Grenze gesetzt, aber ich weiß, dass die eine oder andere deutschsprachige Bloggerin auch gern diesen Post lesen wird - also los! Jeden Montag schreibt eine Bloggerin ein bisschen über sich, über das, was sie umtreibt, womit sie sich außerhalb des Nähzimmers beschäftigt, dann lädt sie ein oder zwei weitere Bloggerinnen ein, sich am Folgemontag mit ihrem Blog und ihren kreativen Ursprüngen vorzustellen. Und heute bin ich dran:
Wer bin ich?
Ich bin Frau Steinbock - durch und durch: ehrgeizig, zielstrebig, arbeitswütig, altmodisch, pingelig. Mit diesen Eigenschaften quäle ich die Welt nun schon seit 52 Jahren erfolgreich. Patchwork begleitet mich nicht nur an der Nähmaschine, sondern auch im Familienleben. Seit vielen Jahren bin ich mit Herrn B. liiert. Er hat zwei Kinder: der Kleine (9) + die Kleine (14), ich habe auch zwei Kinder: die Große (25) + der Große (31). Bei uns prallt der Ost-West-Kulturschock des "Wann-man-im-Leben-seine-Kinder-bekommt" so richtig aufeinander. Die Kinder lieben sich und Patchwork finden wir alle toll! Einen kleinen Haken hat diese Konstellation allerdings doch - Herr B. und die Kleinen leben unter der Woche in Bayern. Die Großen treiben sich sowieso in der Welt 'rum. Wir sind also ständig irgendwie eine kleine Reisegesellschaft. Das hat natürlich auch Vorteile: nach meinem echt zeitraubenden Job als Leiterin eines Pflegeheims habe ich unter der Woche abends Zeit für mich, für mein Nähzimmer und andere schöne Dinge - ist das nicht toll? :-)
Manche Menschen stehen ja extra früh auf, um ihrem Hobby zu frönen, wie zum Beispiel Frau
Flickenstichlerin, aber ich gehe lieber extra spät ins Bett - ich nähe nachts...
Wie bin ich zum Nähen gekommen?
Da muss ich lachen! Irgendwie scheint allen Bloggerinnen Nadel und Faden in die Wiege gelegt worden zu sein! Ich habe als Kind alle meine Ferien unter dem Zuschneidetisch meiner Tante verbracht. Sie hatte eine Schneiderei, allerdings keine Zeit oder keinen Nerv mir das beizubringen, da habe ich nur zugeschaut und eine Leidenschaft für kleine Stoffschnipsel entwickelt. Zum Nähen bin ich erst gekommen als 1983 mein Sohn auf die Welt kam und ich das unglaubliche Glück hatte, einen Nähmaschinenbezugsschein (!) von Bekannten zu bekommen für eine Jahre zuvor ausgelöste Bestellung. Eine Veritas Schranknähmaschine zog bei mir ein und das erste, was ich damit genäht habe, war diese Kinderwagendecke.
Dass man dazu Patchwork sagen könnte, wusste ich damals nicht. Und gequiltet ist überhaupt nix. Es folgten beherzt und unbeschwert genähte Kinderkleidung und auch Jacken für mich aus eingefärbten Bettlaken, gefüttert mit diesen synthetischen Babydecken, die es in der DDR gab (erinnert Ihr Euch? - meist quietschorange, -pink oder -blau mit heller Gegenseite). Mit dem zweiten Kind und dem Umzug auf's Land hatte ich keine Zeit mehr zum Nähen und die Maschine wurde versenkt. Jahrelang habe ich sie nur zum Umsäumen neuer Vorhänge benutzt. Aber im Hinterkopf war diese Stofffetzensammelleidenschaft und die vage Idee von Patchwork. Vor vier Jahren etwa sprang mich in der Zeitung eine Mitteilung der Volkshochschule an, dass im Kloster Donndorf ein PW-Einsteigerkurs noch Plätze hätte. Und ab da war es um mich geschehen! Dort entstand der Beginn meines ersten Quilts, genäht aus einem wilden Sammelsurium aus vorhandenen Stoffen. Ich lernte diese zauberhaften Geräte kennen: Rollschneider, Schneidematte, Schrägbandformer... und konnte mir endlich vorstellen, dass man solch' kleinteiliges Zeug tatsächlich nähen kann...
Woran arbeite ich gerade?
Ach, du meine Güte! Wollt Ihr das wirklich wissen?
Die regelmäßigen Leserinnen dieses Blogs wissen z.B., dass ich mich entschlossen habe, diesen wunderbaren
Quilt nach Jane A. Stickle (landsläufig als "Dear Jane" bekannt) nähen möchte. Das ist ein Lebenswerk, aber im Moment macht es unheimlich viel Spaß, diese nur ca. 12cm im Quadrat messenden Blöcke zu nähen. Aber das ist natürlich nur eine Kleinigkeit, die in meinem Nähzimmer mit mehr oder weniger Regelmäßigkeit auf den Zuschneidetisch kommt. Da sind noch
der
Frauenrechtsquilt, der auf die richtige Minute zum Erlernen des Nähens von Viertelkreisen wartet
der
Building-houses-from-scraps-Quilt, dessen Bauarbeiter über den Sommer faul in der Sonne lagen
der
365-Tage-Quilt, dessen allmähliche Entstehung mich wahrhaft begeistert - kein Aufwand und ein großer Effekt
und natürlich der Tula-Pink-City-Sampler, an dem ich nicht vorbei konnte und der mir durch die Verquickung der einzelnen modernen Blöcke mit irischen Segenswünschen besonders ans Herz gewachsen ist. Eigentlich sind heute die neuen Blöcke dran, aber erst mal gibt's nur einen Segensspruch dazu...
Mögest du dir die Zeit nehmen,
die stillen Wunder zu feiern,
die in der lauten Welt keine Bewunderer haben.
UFO's bewundern wir hier heute aber nicht, die sollen weiter in der Tiefe diverser Kisten schlummern. Auch reden wir nicht über den Kleinkram und die Taschen, die so nebenbei entstehen. Überhaupt: Taschen! Da könnte man ja allein zu diesem Thema einen ganzen Post verlieren... Wenn ich mal gar nicht nähen mag, kann ich ja auch noch ein bisschen stricken. Aber da ist das Vorwärtskommen noch zäher und die angefangenen Werke noch mehr - beim Stricken bin ich UFO-Weltmeister!
Warum mache ich das alles?
Das ist ganz einfach:
Weil es unheimlich viel Spaß macht.
Weil ich ja sonst die ganze Nacht schlafen müsste.
Und weil ich immer wieder Dinge brauche, die hier in unserm Ort zu gemeinnützigen Zwecken auf Basaren oder Versteigerungen ihren Besitzer wechseln. Man braucht schließlich ein Hobby, oder?
Und für mich ist das Nähen, das Betrachten der Stoffe, das Genießen von Muster und Farbe genau der richtige Ausgleich für einen anstrengenden Beruf, wo ich immer im Wettlauf mit der Zeit planen muss, organisieren, regulieren, kontrollieren, trösten, anleiten, reden, telefonieren, diskutieren - was glaubt Ihr, wie herrlich still es in meinem Nähzimmer ist, wie tröstlich die Stoffe schweigen...
Wie läuft bei mir der "kreative Prozess" ab?
Das ist die schwerste Frage, die ich mir aber ziemlich leicht mache: ich lese Eure Blogs und Ihr organisiert mir die Ideen. Auf meinem Desktop liegt ein Dokument, das heißt "Linkliste", da sortiere ich alles nach Sparten geordnet ein, was mir auf Euren Blogs gefällt. Und dann nutze ich diese Ideen nach. Dazu kommen Zeitschriften und Bücher. Zuerst lese ich ordentlich von A bis Z die Bedienungsanleitung durch. Dann mache ich es prinzipiell anders. Suche nach Verbesserungen (wer hat denn z.B. bloß erfunden, dass man auch Taschen mit innen offenliegenden Nähten nähen kann??!) Dann mache ich Fehler, trenne wieder auf und notiere, wie ich es - entgegen der Bedienungsanleitung - nun tatsächlich genäht habe. Steinbockmäßiger kreativer Prozess eben.
Und was mache ich sonst noch so?
Auf diese Frage bin ich bei
Marion gestossen und fand sie ganz spannend. Denn was direkt im Nähzimmer entsteht, sehen wir hier alle Tage auf den Blogs, aber das, was daneben passiert, ist mindestens genauso interessant und erklärt zudem auch manche Herangehensweise oder den "Kreativitätsursprung". Tja, und was mache ich sonst so? Ich singe (in einem Chor, klassische Musik, aber auch zu gern Gospels und Spirituals), ich tanze (Linedance in einem VHS-Kurs und exzessiv auf dem jährlichen Tanz- und Folkfest in Rudolstadt), wir haben einen großen
Garten Park (ich bin eine miserable Gärtnerin *lach*!) und wir genießen den Blick ins Grüne zu jeder Jahreszeit. Den Vögeln, die hier wohnen, kann ich stundenlang zusehen und wenn ich eines Tages alt bin (so in fünfzig bis hundert Jahren), sitze ich in einem Sessel am Fenster, mit einem Quilt auf den Knien und mache nichts anderes mehr.
Vorher koche ich aber noch mit Leidenschaft jedes Jahr Marmelade, sammle Pilze zum Essen in ein Körbchen (es gibt massig Herbsttrompeten!) und zum Freuen in den Fotoapparat
und - schaue übers Meer, das ist meine große (Sehn-)Sucht...
Und nun habe ich genug erzählt. Nun ist jemand anders dran. Ich freue mich, dass
Marianne und
Jeannette der Einladung gefolgt sind. Sie werden nächste Woche aus dem Nähkästchen plaudern. Beide kenne ich leider (noch) nicht persönlich. Marianne aktiviert immer wieder neue Ideen, wir haben schon gemeinsam am Irish Chain genäht - sie ist natürlich fertig - sie wird immer fertig! - ich nicht. Und sie hat einen unergründlichen Erfahrungsschatz, den sie gern mit anderen teilt. Jeannette hört genau hinter die Zeilen, kennt meine Sehnsucht nach dem Meer und sie näht unglaublich schnell, das finde ich total beeindruckend und dazu quiltet sie auch noch unglaubliche Dinge mit der Hand. Ich freue mich jedenfalls schon sehr auf den nächsten Montag, Ihr beiden!