Donnerstag, 23. Mai 2013
Sehen sie nicht ein kleines bisschen aus wie Siegersocken?
Nein! Diese Socken habe ich nicht gerade eben fertiggestellt. An- und fast zu Ende gestrickt habe ich sie am 08. und 09. Juni 2009.
Tage wie diese. Tage, an denen ich zufällig Urlaub hatte und eigentlich die Baustelle in unserem Haus bekochen sollte/wollte. Tage, die für mich immer die "Tage von Gorsleben" bleiben werden. Und das kam so:
In dem kleinen Dorf Oldisleben bei Bad Frankenhausen möchte ein niederländischer Investor eine Schweinemastanlage bauen. Logisch, weil in den Niederlanden keiner mehr so große Mastanlagen haben will, muss man halt "in den Osten" ausweichen. Das Bauvorhaben kam in der Gemeinde zur Auslage und die Bürger incl. der bestehenden Bürgerintitiative gegen den Mastanlagenbau konnten Einwände gegen das Bauvorhaben schriftlich einreichen. Habt Ihr sowas schon mal gemacht? Nirgendwo sonst kann man Demokratie besser erleben oder misserleben. Ich wohne nicht in dem Dorf, bin kein BI-ler, es liegt aber immerhin so dicht an meinem Wohnort, dass es meine Luft verpesten könnte, mein Grundwasser verseuchen würde bei eventuellem Hochwasser, mein Gemüse und Getreide, das auf den umliegenden Feldern wächst, mit Antibiotika anreichert, den Kurstatus meines Wohnorts gefährdet und die besondere Flora und Fauna auf den Salzwiesen in der Diamantenen Aue sowieso. Da bin ich doch gern Bürger und habe damals eine Einwendung eingereicht. Es waren insgesamt über 1400 Einwendungen zu den verschiedensten Themen, die - nach Themengruppen sortiert - in den Tagen von Gorsleben öffentlich diskutiert wurden. Alle Einwender konnten sich dort noch einmal öffentlich und ausführlich begründen. Es saßen die Rechtsanwälte des Investors den Rechtsanwälten der Bürgerinitiative gegenüber, oben im Präsidium das Landwirtschaftsministerium Thüringen. Die Luft im Gemeindesaal Gorsleben knisterte und brannte.
Eine Einwendung nach der anderen kam an die Reihe, eine Reihe nach der anderen wuchsen die Socken, das Muster strickte sich von alleine und ich sah sicher für manchen so ein bisschen aus wie so eine strickende Grüne... Ich hatte mir das gut überlegt, im medizinisch-pflegerischen Sektor bin ich fit und ich war gut vorbereitet. Meine Einwendung betraf ein Randgebiet des geplanten Mastanlagenbaus, nämlich die Frage, wo die viele Gülle ausgebracht werden soll, die nachweislich das auf den umliegenden Feldern angebaute Gemüse und Getreide mit den Antibiotikarückständen aus der Gülle anreichert, was zu den inzwischen sehr gefürchteten methicillinresistenten staphylococcus aureus Infektionen (MRSA) führen kann. Das Wort kann ich sogar mit einem Rotwein und zwei Tequila fehlerfrei flüssig sprechen (was gestern Abend am Stammtisch belegt wurde!). Man soll ja nicht überheblich sein - aber ich war damals echt gut in meiner Argumentation!
Monate und Jahreszeiten später hat nun das Verwaltungsgericht in Weimar den Bau der Mastanlage abgeschmettert. JA!! Und ein paar Kommas und Nebensätze habe ich dazu beigesteuert....:-) Zwar ist es kein endgültiger Sieg, mit einer Anfechtung durch den Anlagenbetreiber ist ja irgendwie zu rechnen, zu lukrativ ist das Geschäft..
Aber erstmal ist es ein Sieg! Eine Freude! Und ein kleines Stück Stolz! Die Socken, die ich damals im Saal in Gorsleben gestrickt habe, sind längst fertig und schon oft getragen, aber ab jetzt sehe ich sie in einem ganz anderen Licht: Sehen sie nicht ein bisschen aus wie Siegersocken?
9 Kommentare:
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Auf alle Fälle!! Und noch dazu total schick. Ic liebe diese Wolle, die sich selber mustert. Fie Farben wären auch meine gewesen.
AntwortenLöschenLG und weiterhin viel Erfolg bei der Sache
Jeannette
Das hab ich doch gleich gesehen :-)
AntwortenLöschenDa kannst Du stolz sein auf den Erfolg und wenn mal wieder was sein sollte - man kann ja auch einen Mantel stricken...
Ja, auf jeden Fall! So sehen Sieger(Socken) aus!!!
AntwortenLöschenIch gratuliere dir/euch zu dem tollen Erfolg! Da kannst du echt stolz drauf sein. Und auf die Socken natürlich auch ... :D
Sie sehen nicht nur aus wie Siegersocken - es sind DIE Siegersocken. Hälst Du uns auf dem laufenden wie es mit der Mastanlage weitergeht?
AntwortenLöschenHerzlichst
Bea
Ich sage mal doppelter Sieg! - Schweine kommen nicht und - was warmes für die Füße - besser geht kaum!
AntwortenLöschenViele Grüße
Leonore
Und ob das Siegersocken sind!!!! Nicht nur wegen der Geschichte dazu, sondern weil der Rapport perfekt getroffen ist.
AntwortenLöschenNana
Hihi, da passe ich nach Möglichkeit ganz genau auf und suche schon vor dem Losstricken eine möglichst markante Stelle im Faden, die ich dann für die 2. Socke möglichst wiederfinde :-)
LöschenWoow, wie klasse ist das denn...ich freue mich mit dir/euch über den tollen Sieg! Ohh, ich finde es so klasse, dass ihr die Schweinemasstanlage soweit verhindern konntet....(diese ganze Massentierhaltung braucht doch in Wirklichkeit, kein Mensch)
AntwortenLöschen...und ob das Siegersocken sind!;-)
LG Klaudia
Ich habe in der Zeitung davon gelesen und finde Euren ersten Sieg klasse. Wir stehen vor einem ähnlichen Problem. Im Dorf nebenan, praktisch in Sichtweite, besteht schon eine Anlage, deren Kapazität wesentlich erweitert werden soll. Der Hinweis mit dem Bakterium ist klasse und ist für den Bedarfsfall gespeichert;-).
AntwortenLöschenLG, Petruschka